Die Frage nach dem Maßstab für Gerechtigkeit
Auf die Formel "Jedem das Seine" lassen sich [...] alle Gerechtigkeitsformeln als Konkretisierungen und Interpretationen derselben zurückführen. Der Begriff des Gerechtigkeit kann daher auch dahingehend formuliert werden, dass er diejenige Eigenschaft einer Handlung, eines Handlungssubjekts oder einer Norm meint, durch die jedem das Seine gegeben oder belassen wird.
Was aber bedeutet "Jedem das Seine"? Wonach bemisst sich, was einem jeden als das Seine zusteht? Eine häufige Antwort darauf lautet: Maßstab dessen, was einem jeden zusteht, ist das Recht. Für die uns interessierende Frage scheint sich damit freilich ein schlimmer Zirkel anzubahnen. Wir fragen nach der Gerechtigkeit als Maßstab des Rechts und werden auf das Recht als Maßstab der Gerechtigkeit verwiesen.
Aus diesem Zirkel gibt es zwei Auswege:
das positive, von Menschen, insbesondere vom staatlichen Gesetzgeber gesetzte Recht und | |
ein überpositives, das heißt natürliches oder vernünftiges Recht. |
Quelle: Ethik - Arbeitsbuch 12